Hannover - Früh übt sich: Niedersachsen war schon beim Führerschein mit 17 Vorreiter. Jetzt soll es für die Jugend noch früher hinters Steuer gehen.
16-Jährige am Lenkrad? Ginge es nach Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD), dürften Jugendliche schon ein Jahr früher in Begleitung Auto fahren als bisher. Doch was würde das bringen? Und wie realistisch ist dieser Plan?
Warum sollten Jugendliche schon mit 16 Jahren ans Steuer?
Schon seit 2004 dürfen 17-Jährige in Niedersachsen in Begleitung ihrer Eltern Auto fahren, ehe sie mit 18 alleine unterwegs sind. Das Modellprojekt war so erfolgreich, dass das begleitete Fahren mit 17 (BF 17) seit 2008 in ganz Deutschland möglich ist. Aber: Das eine Jahr werde nur selten voll ausgeschöpft, sagt Dieter Quentin, der Vorsitzende des Niedersächsischen Fahrlehrerverbands. Er will eine längere Begleitphase.
"Begleitetes Fahren ist die preiswerteste und effektivste Methode, die Verkehrssicherheit zu erhöhen", sagt er. Auch der Verkehrssicherheitsrat findet die Idee sinnvoll. "Es ist ein Modell, das man testen könnte", sagt ein Sprecher. Niedersachsens Verkehrsminister Lies will die Übungsphase deshalb auf zwei Jahre ausweiten, ehe Fahranfänger mit 18 alleine fahren dürfen. "Fahrpraxis ist durch nichts zu ersetzen", sagte Lies am Rande eines Fahrsicherheitstrainings für junge Fahranfänger am Montag beim ADAC in Hannover.
Ist man mit 16 nicht noch etwas zu jung zum Autofahren?
Verkehrsexperten sind sich weitgehend einig, dass auch 16-Jährige bereits in der Lage sind, Auto zu fahren. Ihr Hauptargument: "Seit Jahrzehnten darf man mit 16 Motorrad und Traktor fahren - da hat noch niemand gefragt, ob die Jugendlichen reif genug sind", sagt Dieter Quentin. Auch der ADAC unterstützt die Idee vom begleiteten Fahren mit 16 grundsätzlich. Aber bei so jungen Leuten müsse die Ausbildung dann intensiviert werden. "Ein Mehrphasen-Modell wäre sinnvoll, mit Fahrsicherheitstrainings und Nachschulungen für Fahranfänger", sagt eine Sprecherin.
Was hat der Führerschein mit 17 gebracht?
Schon am Ende des Niedersächsischen Modellversuchs vor 13 Jahren stand ein eindeutiges Ergebnis: Die 17-Jährigen bauten 28,5 Prozent weniger Unfälle als die 18-jährigen Fahranfänger. Auch langfristig ist die Zahl der Unfälle unter Beteiligung junger Erwachsener gesunken. Verunglückten 2004 noch 92.000 18- bis 25-Jährige im Straßenverkehr, waren es 2015 noch 66.000.
Sind junge Fahrer immer noch besonders unfallgefährdet?
Ja. Obwohl die absoluten Unfallzahlen gesunken sind, sind Fahranfänger noch immer die Haupt-Risikogruppe im Straßenverkehr. Jeder fünfte Unfallverursacher war 2015 zwischen 18 und 24 Jahre alt, keine Altersgruppe verschuldete mehr Unfälle.
Ab wann dürfen Jugendliche in anderen Ländern Auto fahren?
In den USA sind die Autofahrer besonders früh dran, South Dakota etwa erlaubt es bereits 14-Jährigen. In fast allen anderen Bundesstaaten darf man unter Auflagen mit 15 bis 17 Jahren unbegleitet ans Steuer. In Frankreich ist begleitetes Fahren mit einem vorläufigen Führerscheinmit 16 Jahren erlaubt. Mit 18 muss noch mal eine Prüfung abgelegt werden. Das ist in der EU allerdings eine Ausnahme: Eigentlich liegt das Mindestalter für den Autoführerschein EU-weit bei 17 Jahren.
Wie stehen die Chancen, dass der Führerschein mit 16 wirklich kommt?
Ein breites Bündnis aus Experten und Fachverbänden unterstützt die Pläne. Größte Hürde dürfte aber das im EU-Recht festgeschriebene Mindestalter von 17 Jahren für einen unbefristeten Führerschein sein. Minister Lies ist sich der Unterstützung durch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sicher. Gemeinsam habe man sich bei der EU-Kommission dafür stark gemacht, dass das Thema Anfang nächsten Jahres besprochen wird. "Wenn alles gut geht, können wir Ende 2018 mit dem Projekt starten", sagte Lies am Montag. Für ihn ist klar: "Niedersachsen wird mit dem Projekt BF 16 erneut eine Vorreiterrolle einnehmen."
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